Die Jungfreisinnigen Stadt Zürich reichen beim Bezirksrat eine Aufsichtsbeschwerde gegen die Amtsführung von Stadtrat Richard Wolff (AL) ein.

Stadtrat Wolff (AL) soll vom Bezirksrat angewiesen werden, einen Teil der angefallenen Kosten der Räumung des Labitzke Areals vom August letzten Jahres den namentlich bekannten Verursachern zu überwälzen. Des Weiteren verlangen die Jungfreisinnigen, dass Stadtrat Wolff angewiesen wird, auch zukünftig (z.B. bei Fan-Fussballfans, 1. Mai-Ausschreitungen, etc.) ausserordentliche Kosten im Rahmen von Polizeieinsätzen jeweils zumindest teilweise den Verursachern aufzuerlegen.Wieso kommt die Aufsichtsbeschwerde erst jetzt: 

Die Bestürzung in der Bevölkerung über die Besetzer des Labitzke Areals war gross. Als bekannt wurde, dass die Kosten des Polizeiaufgebots von über 200‘000 Franken nicht auf die bekannten Verursacher abgewälzt wurden, schlug die Bestürzung in Wut und Empörung um. Wieso soll der ehrliche Steuerzahler die mutwilligen Schäden dieser Chaoten finanzieren?

Vor zwei Wochen am 15. April 2015 hat der Gemeinderat der Stadt Zürich sich dagegen entschieden, den Stadtrat aufzufordern, die Kosten für die Räumung des Labitzke-Areals auf die Verursacher zu überwälzen. Diesen Entscheid bedauern wir sehr und er zeigte uns, dass nun einzig die nächsthöhere Instanz, der Bezirksrat, noch eingreifen kann, um diesen fatalen Fehlentscheid zu korrigieren.

Im Übrigen bestärkten uns die darauf folgenden Ereignisse wie die mutwillige Zerstörung der Geschäfte an der Europaallee als auch die im Vorfeld des 1. Mai 2015 begangenen schweren Sachbeschädigungen (Farbanschlag auf dem Sechseläutenplatz, Buttersäureanschlag), die vorliegende Aufsichtsbeschwerde einzureichen.

Zusammenfassung der Begründung der Aufsichtsbeschwerde:

Gemäss § 58 Abs. 1 lit. b Polizeigesetz (PolG, LS 550.1) kann von den Verursachern eines Polizeieinsatzes Kostenersatz verlangt werden, wenn sie vorsätzlich oder grobfahrlässig gehandelt haben.

Herr Wolff argumentiert dass § 58 Abs. 1 lit b PolG bei den Besetzern des Labitzke-Areals nicht anwendbar sei, da

  1. dieser Einsatz im Rahmen der üblichen Grundversorgung liege
  2. kein gravierendes und aussergewöhnliches Ereignis vorliege
  3. der Protest gewaltfrei abgelaufen sei
  4. schliesslich das Grundrecht auf Meinungsfreiheit tangiert sei

Diese Argumente sind jedoch unzulässig und falsch:

1.   „Der Einsatz liegt im Rahmen der üblichen Grundversorgung“

Die Räumung von mutwillig und vorsätzlich verbarrikadierter Gebäude, Evakuierung von Personen aus Turmspitzen oder Entfernung vorsätzlich selber einbetonierter und angeketteter Personen, all dies entspricht nicht dem Grundauftrag der Polizei, sonst müsste sie unverzüglich sämtliche (!) besetzte Liegenschaften in der Stadt Zürich räumen lassen.

2.   „Es liegt kein gravierendes und aussergewöhnliches Ereignis vor“

Die Räumung des Labitzke Areals war mehr als nur gravierend und aussergewöhnlich. Eine normale Räumung eines Hauses dürfte in wenigen Minuten und mit wenigen Beamten vollzogen sein. Hier handelte es sich um einen mehrstündigen Polizeieinsatz, aufgrund dessen auch der öffentliche Verkehr stark beeinträchtigt wurde. Die Polizei musste mit schwerem Gerät sogar Personen von Turmspitzen herunterholen und einbetonierte Personen entfernen. Die Kosten wurden schliesslich auf über Fr. 200’000.- beziffert.

3.   „Der Protest ist gewaltfrei abgelaufen“

Die Besetzerinnen und Besetzer wurden unter anderem wegen „Gewalt und Drohung gegenBeamte“ (Art. 285 StGB) verurteilt und die Besetzung führte zu grossen Sachschäden (dies stellt ebenfalls Gewalt im Rechtsinne dar). Beim Protest spielte also Gewalt eine entscheidende Rolle.

4.   „ Grundrecht auf Meinungsfreiheit ist tangiert“

Gemäss herrschender Lehre sind zwar selbst unbewilligte oder nicht bewilligungsfähige Demonstrationen von der Meinungsfreiheit geschützt. Dies gilt aber nur, solange diese friedlich und gewaltfrei ablaufen. Sobald aber Gewalt angewendet wird, ist eine Versammlung oder eine Demonstration nicht mehr durch die Meinungsfreiheit geschützt.

Die JFZ fordern den Bezirksrat daher auf, Stadtrat Wolff anzuweisen, § 58 PolG korrekt anzuwenden und nicht nur rückwirkend bei den Labitzke-Besetzern, sondern auch zukünftig bei sämtlichen 1. Mai-Chaoten sowie bei Fanmärschen den Verursachern jeweils zumindest einen Teil der entstehenden Polizeikosten aufzuerlegen. Uns ist bewusst, dass womöglich nicht sämtliche Kosten zugeordnet und überwälzt werden können und dass das Verhältnismässigkeitsprinzip zu berücksichtigen ist. Jedoch verlangen wir, dass die Verursacher zumindest einen verursachergerechten Anteil an den Kosten tragen müssen.